Business up Front Party in the Back
2016 // Interaktive Performance / Mixed Media / Kunstraum Praline / Leipzig
mit Philine Kuhn
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Business Up Front Party In The Back ist ein Pop-up-Store, in dem die Zwickmühlen des Begehrens mit Hilfe eines Objektes erkundet werden können. Zu kaufen gibt es Tops. Tops hergestellt aus Slips, genauer Herrenslips – es gibt Sliptops.
Gewöhnlich kann ein Kleidungsstück nur auf eine Weise getragen werden. Häufig ist es einer männlichen oder weiblichen Person zugeschrieben, insbesondere im Bereich der Unterwäsche. Hier wiederum gibt es vor allem für Damen eine Riesenauswahl an sogenannter Reizwäsche, welche sich hauptsächlich durch die Elemente Spitze, Schleifchen, Transparenz, Betonung von Brust (Push-Up) und Po (Shape und String) auszeichnet, sowie ein stereotypes Spiel von Zeigen und Verhüllen „vor- und nachteiliger“ Körperzonen (Control-Slip und Taillenformer). Schon das Vokabular verrät, dass es ums Formen und Schieben geht. Die männlichen Pendants Boxer, Pant und Slip kommen schon relaxter daher, es geht hauptsächlich um Tragekomfort. Gereizt werden soll da erst einmal kaum. Warum eigentlich nicht?
Die Performance Business Up Front Party In The Back, mit ihrem unauflösbar mehrdeutigen Objekt Sliptop im Mittelpunkt, bietet den Besucher*innen die Möglichkeit, sich in diesem Spannungsfeld zu bewegen und verschiedene Positionen darin einzunehmen und auszuprobieren.
Durch ihre Ambivalenz zeugen die Sliptops / Topslips einerseits von einer gesellschaftlichen Öffnung und dem Respekt vor individuellen Vorlieben und Entscheidungen bezüglich Geschlecht und Kleidung. Andererseits scheint die Vermarktung in Warenform Voraussetzung für die Akzeptanz von Abweichungen zu sein, die dann nicht mehr als solche wahrgenommen werden.
Das Ware-Sein eines Gegenstandes oder einer Handlung ist heute der bestmögliche Beleg dafür, dass etwas existiert, normal ist, eine gewisse Notwendigkeit aufweist. Es besteht eine Nachfrage. Nachfrage entsteht durch ein Bedürfnis, das Befriedigung verlangt. Und wo ein Bedürfnis, da ein passendes Angebot, so das Gesetz der kapitalistischen äußeren und inneren Landnahme*.
So haben viele ehemals verbrämte oder subversive Praktiken ihre warenförmige Entsprechung gefunden. Was als Demokratie des Marktes erscheint, unterschlägt, dass Warenform immer bedeutet, all jenes vom Besonderen abzutrennen, was sich Normierung, Quantifizier- und Reproduzierbarkeit entzieht.
*https://www.akweb.de/ak_s/ak493/16.htm</span
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Today, the fact that an object or an action is a commodity proves that it exists, is normal and has a certain necessity. There is a demand. Demand arises from a need that asks for satisfaction. And where there is a need, there is a suitable offer, according to the law of capitalist external and internal land grabbing *.
This is how many formerly disguised or subversive practices have found their commodity-like counterpart. What appears to be the law of the market neglects that bringing something in the form of commodities always means separating it from that which is beyond standardization, quantifiability and reproducibility.
* Https: //www.akweb.de/ak_s/ak493/16.htm </ span
Immersive performance in a former fruits and vegetables shop / Mixed media / Kunstraum Praline, Leipzig / in collaboration with Philine Kuhn